5. Januar 2024

Baukostensteigerung – Lösungen bei der Vertragsgestaltung (Teil 2)

Gestiegene Baukosten werden spätestens seit Beginn des Ukrainekrieges heiß diskutiert. Erhöhte Energie-, Transport-, und Verarbeitungskosten, sowie angespannte Lieferketten führen zu deutlich höheren Baukosten, die die Baubranche neben gestiegenen Finanzierungskosten stark belasten. Welche Möglichkeiten gibt es, um dafür Sorge zu tragen, dass die gestiegenen Kosten nicht alleine einer Partei auferlegt werden? Nachdem sich der erste Teil dieses Beitrags mit verschiedenen Vergütungsmodellen befasst hat, werden nun im zweiten Teil einzelne Klauseln beleuchtet

Insbesondere für Lohn- und Materialkosten ist unabhängig von der Vertragsart die Einbringung von Preisgleitklauseln denkbar. Dabei bieten sich insbesondere Klauseln an, die sich unter anderem an der Entwicklung der von dem Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindizes orientieren.

Soweit es sich nicht um Individualabreden handelt, ist zu beachten, dass sich die AGB-Kontrolle entsprechender Bestimmungen als problematisch erweisen kann. Insbesondere die Bestimmungen in den §§ 305c, 307 Abs. 1 und § 309 Nr. 1 BGB können Preisklauseln entgegenstehen. So erkannte der BGH in diversen Einzelfällen, dass Preisgleitklauseln in den AGB unter besonderen Umständen unwirksam sein können (Vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Juli 2017 – VII ZR 259/16 –, juris Rn. 23; BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 – VII ZR 344/13, juris Rn. 12ff.). Demgemäß sind Preisklauseln historisch mit erheblichen Unsicherheiten verbunden und waren daher in der bauvertraglichen Praxis lange Zeit unüblich.

Gleichwohl bieten Preisgleitklauseln die Möglichkeit, im Falle unerwarteter Kostensteigerungen einen gerechten Ausgleich herbeizuführen. Hierzu kann das Konzept nach Reichert (BauR 2022, 691, 696 ff.) empfohlen werden. Dabei wird der Preis der Leistung durch die Urkalkulation des Unternehmers gebildet, der neben den Selbstkosten auch einen Zuschlag für Wagnis und Gewinn einsetzt. Voraussetzung für eine Änderung der Preise ist dabei die Veränderung preisbildender Kostenbestandteile der Selbstkosten. Die Offenlegung der Urkalkulation erfolgt nach Maßgabe des § 650c BGB. Der absolute Betrag für Wagnis und Gewinn soll dabei insgesamt unverändert bleiben, um – wie von der Rechtsprechung verlangt – nicht den Gewinn des Unternehmers aufzuzehren.  Dabei wird in Anlehnung an die Vermutungsregel in § 648 BGB davon ausgegangen, dass erst ab einer Änderung ab 5 % der vereinbarten Vergütung die Schwelle überschritten wird, ab der eine Änderung auch unter Berücksichtigung der Sicherung des Unternehmergewinns zulässig sein soll. Um unzulässige Härten für den Auftraggeber zu vermeiden, wird diesem schließlich ein besonderes Kündigungsrecht zugestanden. In Anlehnung an den Vorschlag von Reichert könnte eine entsprechende vertragliche Bestimmung wie folgt ausgestaltet werden:

(1) Der Leistungspreis bestimmt sich nach Maßgabe der Urkalkulation mit folgenden Preisbestandteilen:

Einzelkosten der Teilleistung EKT

+ Baustellengemeinkosten BGK

+ Allgemeine Geschäftskosten AGK

= Selbstkosten (Kostenelemente)

+ Wagnis und Gewinn (Preiselemente) = Angebotspreis Netto

(2) Ergibt sich für eine vereinbarungsgemäß frühestens vier Monate nach Vertragsschluss zu erbringende Leistung oder Teilleistung eine Änderung eines kalkulationsrelevanten Kostenbestandteils der Selbstkosten, die zu einer über 5 % hinausgehenden Änderung der kalkulierten Selbstkosten für die Leistung oder Teilleistung führt, ist auf Verlangen einer Vertragspartei unter Offenlegung der Urkalkulation ein neuer Preis, bestehend aus den tatsächlichen Mehr- oder Minderkosten zuzüglich der sich aus der Urkalkulation ergebenden übrigen Preisbestandteile zu vereinbaren. Der aus der Urkalkulation errechnete Geldbetrag für Wagnis und Gewinn bleibt unverändert.

(3) Führt diese Preisanpassung zu einer wesentlichen Überschreitung des veranschlagten Preises der Gesamtleistung, kann der Besteller den Vertrag kündigen. Dem Unternehmer steht dann nur die in § 645 Abs. 1 BGB bestimmte Vergütung zu.