27. Februar 2023

Urheberrecht: Selbstwiderlegung der Dringlichkeit im einstweiligen Verfügungsverfahren (Urteil des Hanseatischen OLG Hamburg vom 12.01.2023, Az. 5 U 22/19)

Das einstweilige Verfügungsverfahren ist insbesondere im Gewerblichen Rechtsschutz ein beliebtes Instrument, um eine schnelle Entscheidung des Gerichts zu erwirken. Voraussetzung dafür, dass dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wird, ist das Vorliegen eines Verfügungsgrundes und eines Verfügungsanspruches. Anders als im Wettbewerbsrecht – dort wird die Dringlichkeit vermutet und kann vom Schuldner widerlegt werden – muss die Dringlichkeit im Urheberrecht gemäß der §§ 935, 940 ZPO gesondert festgestellt werden. „Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn das Begehren des Antragstellers dringlich ist und ihm nicht zugemutet werden kann, den Weg des Hauptsacheverfahrens einzuschlagen und in diesem auf den Erlass eines Vollstreckungstitels zu warten (Urteil des Hanseatischen OLG Hamburg a.a.O.).“ Diese Grundsätze gelten auch im Berufungsverfahren fort. Der Antragsteller ist grundsätzlich verpflichtet, diejenigen Tatsachen vorzutragen und glaubhaft zu machen, aus denen sich der Verfügungsgrund ergibt.

Die Frage der Dringlichkeit kann nur einzelfallbezogen beurteilt werden; starre Fristen gibt es nicht. Maßgeblich ist die Frage, ob der Antragsteller das Verfahren mit dem endgültigen Nachdruck verfolgt und gemäß ständiger Rechtsprechung deutlich macht, dass „ihm die Sache eilig ist“. Daher ist die Dringlichkeit regelmäßig zu verneinen, wenn der Antragsteller durch sein eigenes Verhalten zu erkennen gibt, dass es ihm nicht (so) eilig ist. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Antragsteller das Verfahren nicht zügig betrieben hat. Das Hanseatische OLG Hamburg hat diese Umstände in seiner Entscheidung bejaht, weil der dortige Antragsteller bis kurz vor dem anberaumten Termin über einen erheblichen Zeitraum nicht tätig geworden ist und damit nicht so agiert hat, dass er möglichst bald die von ihm begehrte Verfügung erlangen konnte.

Im Ergebnis ist der Antragsteller also während des gesamten Verfügungsverfahrens stets dazu aufgerufen, das Verfahren zügig zu betreiben. Andernfalls kann der Erlass der Verfügung allein daran scheitern, dass der Antragsteller die Dringlichkeit durch sein eigenes Verhalten selbst widerlegt.