Merkantiler Minderwert – mit oder ohne „Umsatzsteueranteil“?
Der Bundesgerichtshof hat sich in zwei neueren Entscheidungen vom 16.07.2024 (VI ZR 205/23 sowie VI ZR 243/23) mit der Frage befasst, wie bzw. auf welcher Grundlage nach der Beschädigung eines Kfz der merkantile Minderwert zu ermitteln ist. Hintergrund war die bis dahin insbesondere bei zum Vorsteuerabzug berechtigten Geschädigten diskutierte, aber bis dahin nicht höchstrichterlich geklärte Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen von der durch einen Privatgutachter ermittelten Wertminderung ein dem Umsatzsteueranteil (19 %) entsprechender Abzug vorzunehmen ist. Dazu trifft der BGH folgende Feststellungen:
Vom Ansatz verfehlt wäre es, bei Geschädigten, die zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, von einer durch einen Privatgutachter ermittelten Wertminderung wegen dieser Vorsteuerabzugsberechtigung einen Abzug von Umsatzsteuer vorzunehmen. Der Ersatz des merkantilen Minderwerts unterliegt nämlich nicht der Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, weil es sich bei dieser nach dem Gesetz (§ 251 Abs. 1 BGB) zu zahlenden Entschädigungen nicht um eine Leistung gegen Entgelt handelt. Es fehlt also am für den Anfall von Umsatzsteuer erforderlichen Austausch gegenseitiger Leistungen (vgl. BGH vom 16.07.2024, VI ZR 205/23, zitiert nach juris Rn. 12). Dennoch kann im Ergebnis ein der Höhe nach der Umsatzsteuer entsprechender Anteil von der ermittelten Wertminderung in Abzug zu bringen sein. Grundlage für die Schätzung des merkantilen Minderwerts ist ein hypothetischer Verkauf des Fahrzeugs, wobei von Netto- und nicht von Bruttoverkaufspreisen auszugehen ist (BGH, a. a. O., Rn. 13). Das bedeutet, dass es entscheidend darauf ankommt, auf welcher Grundlage der angegebene Minderwert ermittelt wurde. Wurde der merkantile Minderwert ausgehend von einem Bruttoverkaufspreis geschätzt, ist er in der Weise nach unten zu korrigieren, dass von ihm ein dem „Umsatzsteueranteil“ entsprechender Betrag abgezogen wird, was auch der herrschenden Meinung jedenfalls im Falle eines geschädigten Unternehmers entspricht (BGH, a. a. O., Rn. 16). Wenn der merkantile Minderwert dagegen bereits auf Basis von Nettoverkaufspreisen geschätzt wurde, kommt ein weiterer Abzug insoweit nicht in Betracht. Welches die zugrunde gelegte Basis ist, wäre gegebenenfalls tatrichterlich aufzuklären, wobei der BGH ausführt, dass es üblich sein mag, den Minderwert ausgehend vom Bruttoverkaufspreis zu schätzen (BGH, a. a. O., Rn. 25 m. w. N.).
Wenn der Geschädigte also geltend machen möchte, dass der durch ihn angesetzte Minderwert bereits auf der Grundlage von Nettoverkaufspreisen ermittelt worden sei, wird er dies substantiiert darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen haben.