24. November 2022

Einordnung eines Vertrags über Malerarbeiten als Bauvertrag (Beschluss des OLG Karlsruhe vom 15.12.2021, Az: 25 U 342/21)

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe zeigt, dass sich Vertragschließende wesentlich schneller in einem Bauvertrag im Rechtssinne wiederfinden können, als dies auf den ersten Blick der Wortlaut des Gesetzes hergibt. Was war geschehen?

Die Klägerin hatte ein Malerunternehmen, die Beklagten waren Eigentümer einer Doppelhaushälfte. Die Klägerin sollte die Fassade reinigen, streichen und hierfür ein Gerüst auf- und abbauen. Zudem fand sich folgende Position im Angebot:

„Kleine Schäden des Untergrundes mit zementhaltiger Spachtelmasse beispachteln und nachschleifen“.

Die Klägerin erstellte die Schlussrechnung und forderte die Beklagten zudem auf, eine Bauhandwerkersicherung über den ausstehenden Restbetrag zu stellen.

In dem Verfahren vor dem OLG Karlsruhe war streitig, ob die Klägerin von der Beklagten eine Bauhandwerkersicherung verlangen konnte.

Die Bauhandwerkersicherung (§ 650 f Bürgerliches Gesetzbuch) ist für den Unternehmer ein durchaus scharfes Schwert, um die Vergütungsansprüche durchzusetzen. Die Bauhandwerkersicherung setzt nämlich weder eine Abnahme des Bauwerks, noch eine Mängelfreiheit voraus. Der Unternehmer muss das Werk noch nicht einmal begonnen haben. Dieser kann vor Beginn der Arbeiten an dem Werk zunächst von dem Auftraggeber eine Bauhandwerkersicherung verlangen. Stellt der Auftraggeber die Bauhandwerkersicherung nicht, kann der Unternehmer kündigen und den vereinbarten Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen.

Diese Wohltat des Gesetzgebers kann der Unternehmer aber nur verlangen, wenn ein Bauvertrag nach § 650a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zwischen den Parteien vereinbart wurde. Nach § 650a Abs. 1 BGB liegt ein Bauvertrag vor, wenn es sich bei der vertraglichen Leistung um die Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks handelt. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift sind Verträge über bestimmte Instandhaltungsarbeiten gleichgestellt, wobei es sich hierbei um ein Werk handeln muss, welches für die Konstruktion, den Bestand und den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist.

In dem Fall des OLG Karlsruhe ging es um die Frage, ob die beauftragten „Malerarbeiten“ nach § 650 a Abs. 2 BGB Instandhaltungsarbeiten waren, die für die Konstruktion, den Bestand und den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung waren.

Das bloße Anstreichen der Fassade erfüllte diese Voraussetzungen sicherlich nicht. Da Gegenstand des Vertrages aber auch das Schließen kleiner Schäden (Risse) in der Fassade nebst Beispachteln war, hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass es sich hierbei nicht um rein kosmetische Arbeiten gehandelt habe, sondern um wesentliche. Es komme in diesem Zusammenhang nicht auf die Dauer der Leistungserbringung an, sondern auf die Frage, ob sich die vertragliche Leistung auf eine Wartung von tragenden oder sonst für den Bestand eines Bauwerks wichtige Teile bezieht. Die Fassade schützt vor Witterungseinflüssen und ist daher ein wichtiges Bauteil. Mit dieser Begründung hat das OLG Karlsruhe einen Bauvertrag bejaht, mit der Folge, dass das Malerunternehmen eine Bauhandwerkersicherung verlangen konnte.