6. März 2023

Bei einem VOB-Bauvertrag setzt die Geltendmachung von Ersatzvornahmekosten bei vor der Abnahme entdeckten Mängeln eine Kündigung des Vertrages voraus; die erforderliche Schriftform wird durch eine E-Mail nicht gewahrt (OLG München, Beschluss vom 03.02.2022 – 28 U 3344/21)

Das Oberlandesgericht München hat in der genannten Entscheidung noch einmal auf eine seit jeher bestehende, aber in der Praxis häufig nicht beachtete Regelung hingewiesen: Werden in einem Bauvertrag, für den wirksam die Geltung der VOB/B vereinbart wurde, vor der Abnahme Mängel festgestellt, die durch den Unternehmer nicht beseitigt werden, begründet nicht bereits eine Mangelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung das Recht des Auftraggebers, die Mängel auf Kosten des Unternehmers beseitigen zu lassen; vielmehr ist eine Mangelbeseitigungsaufforderung mit Kündigungsandrohung und im Anschluss an den erfolglosen Ablauf der Frist die Kündigung des Bauvertrages erforderlich (§§ 4 Abs. 7, 8 Abs. 3 VOB/B). Lediglich für nach der Abnahme entdeckte Mängel bleibt es bei dem bekannten System der Mangelbeseitigungsaufforderung mit Fristsetzung.

Diese Regelung wird immer wieder kritisiert, weil sie in der Praxis zu schwer beherrschbaren Folgeproblemen führt: Die erzwungene Kündigung des Vertrages mit der Notwendigkeit, die restliche Leistung einem anderen Unternehmer in Auftrag zu geben, bringt wegen des damit einhergehenden Zeitverlustes den gesamten zeitlichen Ablauf der Baustelle in Unordnung. Trotz dieser Kritik hält die Rechtsprechung aber an dem Erfordernis der Kündigung des gesamten Vertrages mit dem Argument fest, es müsste zur Vermeidung von Problemen bei der Abgrenzung der beiderseitigen Leistungsbereiche verhindert werden, dass zwei Unternehmen nebeneinander mit der Leistung befasst sind.

In dem vom Oberlandesgericht München entschiedenen Fall konnte der Auftraggeber daher die Kosten der Mangelbeseitigung durch eine Drittfirma nicht an den für den Mangel verantwortlichen Unternehmer weitergeben, weil es an der wirksamen Kündigung des Bauvertrages fehlte.

Dabei gab der Fall Veranlassung, noch auf einen weiteren in der Praxis häufig auftauchenden Fehler hinzuweisen: Die Kündigung des Bauvertrages hat in jedem Fall schriftlich zu erfolgen (§ 8 Abs. 6 VOB/B; § 650h BGB). Nach § 126 BGB setzt die Einhaltung der Schriftform voraus, dass die Urkunde eigenhändig unterschrieben ist. Das heute regelmäßig gewählte Kommunikationsmittel der E-Mail hält dieses Erfordernis nicht ein, sodass eine Kündigungserklärung per E-Mail formnichtig ist.